Innerer Schweinehund hat keine Chance
Karl-Heinz Remmert legt mit 70 sein 40. Sportabzeichen ab. Jakobsweg erlöst Meggener vom Meniskusriss Bericht von Lothar Linke, Im Sportabzeichen-Wettbewerb ist Karl-Heinz Remmert der Größte, auf der Bühne nicht. Der „Schweinehund", den der Meggener so oft besiegt, überragt ihn, was die Körpermaße angeht. Im Sportabzeichen-Wettbewerb ist Karl-Heinz Remmert der Größte, auf der Bühne nicht. Der „Schweinehund", den der Meggener so oft besiegt, überragt ihn, was die Körpermaße angeht. Meggen/Bilstein Auch der Breitensport bringt Sieger hervor. Spätestens dann, wenn die „Olympiade des kleinen Mannes“ in ihre Jahresabrechnung geht: Das Sportabzeichen. Karl-Heinz Remmert (70) ist einer der Gewinner. Der Meggener legte 2020 zum 40. Mal die Prüfung ab und wurde auf der Bühne des Pädagogischen Zentrums in Meggen vor Publikum ausgezeichnet. An seiner Seite stand als überlebensgroße Figur der „Schweinehund“ - den er schon so oft besiegt hat. Auch wenn Remmert ein Dauerbrenner im Sportabzeichen-Wettbewerb ist – ihn darauf zu reduzieren, wäre grundfalsch. 18 Marathons und eine ungewöhnliche sportliche Vita hat der Meggener auf dem Buckel. Remmert kommt aus Lippstadt. Dort war er beim TuS Ehringhausen aktiv, seit seinem zwölften Lebensjahr betrieb er dort Leichtathletik. Weitsprung und Hochsprung. Technisch anspruchsvolle Disziplinen. „Aber wenn man meint, mit 55 Jahren müsste man noch 1,65 Meter hoch springen…“ sagt er und fügt hinzu, „dann gab’s auf einmal einen Riss im Meniskus.“ Seine Schlussfolgerung: „Man soll mit über 50 einfach nicht mehr springen.“ Was sich zunächst gar nicht so schlimm anhörte, stellte sich als verheerend heraus. Acht Jahre war Karl-Heinz Remmert außer Gefecht, von 2002 bis 2010. Acht Jahre außer Gefecht Er hat’s versucht mit dem Leistungssport, bis es nicht mehr ging. Und er lieferte sich dabei, sagen wir, ein Duell mit seinem Orthopäden.
Er hat’s versucht mit dem Leistungssport, bis es nicht mehr ging. Und er lieferte sich dabei, sagen wir, ein Duell mit seinem Orthopäden. „Der hat immer gesagt: Feierabend. Schluss. Das muss operiert werden. Ich habe gesagt: Nein. Das operiere ich nicht. Ich will gucken, ob es so weggeht.“ Wenn es dermaßen schmerze, dass es nicht mehr gehe, könne er sich immer noch operieren lassen, argumentierte er. Lieber wolle er gucken, ob er so durchkomme. Er kam durch. Und erstaunlich war das Wie: „2005 bin ich den Jakobsweg gelaufen. Von Frankreich aus über die Pyrenäen bis Compostela, voll mitmarschiert die 800 Kilometer in 28 Tagen. Diese Bewegung, davon gehe ich aus, hat das Kniegelenk so verschlissen oder geglättet, dass es immer besser ging.“ Er lacht: „Mit der Umarmung des heiligen Jacobus kam die Heilung.“ 2008 hat er sich dann wieder getraut zu trainieren. Bei seinem Comeback in der Leichtathletikszene sah er dann tatsächlich von weiteren Sprüngen ab. Doch sein Ehrgeiz war in den Jahren nicht abgestorben. „Ich bin dann 2010 einen Halbmarathon gelaufen“, sagt er lässig, „in Stuttgart.“ Da wollten Sie’s aber wissen, oder? Rennert mochte dies nicht verneinen. In seinem Berufsleben ist Karl-Heinz Remmert Diplom-Maschinenbau-Ingenieur und Sachverständiger beim TÜV Süd gewesen. 2014 ging er in Rente, zog ins Sauerland, wo seine Schwiegereltern ein Haus hatten. Nach Meggen, genauer gesagt. Dort entdeckte er den legendären Hohe-Bracht-Lauf. Sieben Kilometer hinauf zum Gipfel. Der Ausrichter TuS 08 Bilstein wurde auf ihn aufmerksam und sprach ihn an. „Ich sollte doch mal schauen, ob ich nicht in den Verein eintreten wolle. Und dann bin ich da hängen geblieben.“ Training für Lissabon Was treibt ihn, das Sportabzeichen Jahr für Jahr anzustreben? „Der Schlüssel liegt darin, dass ich auch selbst seit 30 Jahren Prüfer bin,“ antwortete er, „und da ich aus der Leichtathletik komme, beherrsche ich die Technik aus den verschiedenen Disziplinen ganz gut.“ Er sieht, wie die anderen sich anstrengen, aber mangels Technik die Leistung nicht bringen, die sie gerne hätten. „Da kann man Hilfestellung geben, dann sieht man, wie sie sich verbessern und sich freuen. Dann freut man sich auch.“ Zurzeit trainiert Rennert die Langstreckenläufer des TuS 08 Bilstein. „Mit meinen Erfahrungen als Marathonläufer. Ich habe das von Martin Müller übernommen“, ergänzt er, „jeweils Dienstags sind wir an der Habuche in Grevenbrück.“ Dazu kommen Trainingsläufe um die Bigge. Das alles auf ein Ziel hin: Den Lissabon-Marathon am 17. Oktober 2021. Selbst läuft er dort nicht mehr mit. „Ich bin 2017 meinen letzten Marathon gelaufen. Ich bin weniger Stadtmarathons gelaufen, dafür mehr Berg-Marathons. So mit 1800 Höhenmetern. Aber der Aufwand war dann irgendwann zu groß.“ Er begnügte sich fortan mit Halbmarathon-Läufen. Geht auch. Remmert lässig: „Mit 66 Jahren noch den Jungfrau-Marathon in der Schweiz.“ Copyright, WR vom 08. Oktober 2021